Luzi ist keine Katze, die alles zerstört. Wahrlich nicht. Und doch hat Luzi ein Heiligtum auf dem Gewissen: Romys geliebtes Streifenkleid. Dem hat sich Luz in vielen stillen Stunden gewidmet und dabei ihre Beharrlichkeit in Sachen Zupfen bewiesen. Deshalb lautet einer von Luzis vielen Namen auch Schrotti. Aber warum nur musste es ausgerechnet Romys Lieblingskleid sein? Und warum hat Luz immer wieder an derselben Stelle gezupft? Fragen, auf die ich immer nur dieselbe Antwort erhalte: »Mau.«
Wenn die Katze alles zerstört
Manche Katze zerstört alles, was ihr vor die Krallen kommt. Türen und ihre Rahmen. Sofas und ihre Kanten. Tische und ihre Beine. Es soll Katzen geben, die graben gar tiefe Löcher in die Wände. Andere sehen in Vorhängen eine gute Möglichkeit zum Klettertraining. Vor wiederum anderen sind Papierstapel nicht sicher. Kartons ohnehin nicht.
Luzi aber ist anders.
Romy prognostizierte mir kurz vor Luzis Revierwechsel, dass besonders meine Rattanmöbel attraktiv seien. Vielleicht für andere Katzen. Nicht jedoch für Luzi. Die schläft beizeiten auf meinem Wäschekorb. Ihre Krallen hat der aber noch nie zu spüren bekommen.
Ich schätze mich sehr glücklich, dass Luz keine Katze ist, die alles zerstört. Vielleicht habe ich zu diesem Glück sogar ein bisschen beigetragen, indem ich frühzeitig für ausreichend Kratzgelegenheiten gesorgt habe. Aber eigentlich bin ich mir sicher, dass es mehr mit Luzis Vorlieben zu tun hat denn mit der ein oder anderen Kratzmatte, die hier herumliegt.
Luzis Vorliebe: das Zupfen an Stoff
Von Luzis Vorliebe, an Stoffen zu zupfen und mich so morgens zu wecken, habe ich ja schon erzählt. Dabei ist das frühmorgendliche Anti-Zubbel-Training übrigens leider weitgehend erfolglos geblieben. Ja, ich habe sogar den Eindruck, dass sie es liebt, von mir vom Bett geschubst zu werden. Oder dies zumindest als Teil ihres morgendlichen Spiels versteht. Vergnügt schnurrend springt sie jedenfalls immer wieder hoch aufs Bett und zupft beherzt neben meinem Ohr am Kissen.
Auf die Dauer leidet darunter vor allem auch die Bettwäsche. Von mindestens einem Bettbezug, vor allem aber von Spannbettlaken musste ich mich schon verabschieden.
Nun besteht aber ein großer Unterschied zwischen dem Kollateralschaden Bettwäsche und gezielten Schäden wie an dem geliebten Streifenkleid.
Gezielte Zupf-Attacken
Eine vergleichbare Zupf-Attacke wie auf das Streifenkleid habe ich hier nur in einer Hinsicht erlebt. Dabei ging es um die Transporttasche, die ich als Alternative für die gehasste Transportbox angeschafft hatte.
Lange bevor Luz sie zum ersten Mal von innen gesehen hat, stand die Tasche immer ganz harmlos unter einem Tischchen neben dem Bett. Als Luz dann anfing, an ihr zu zupfen, hat mich daran nur der Sound gestört. Luz zupft halt am liebsten in den frühen Morgenstunden.
Irgendwann habe ich mir die Tasche dann mal genauer angeschaut. Und dabei festgestellt, dass Luz immer an derselben Stelle gearbeitet hatte. Um einen der beiden Henkel war es ihr gegangen. Und der sah fast schon so aus wie Romys Kleid.
Mancher Schwund tut besonders weh
Nun war der nahezu zerrupfte Henkel für mich sicherlich leicht zu verschmerzen. Anders sieht es da mit einem Lieblings-Kleidungsstück aus. Als Romy mir zum ersten Mal davon erzählte, war ihr Schmerz absolut spürbar. Und in der Tat ist er es immer noch, wenn die Rede von diesem Streifenkleid ist. Mancher Schwund tut halt besonders weh.
Nun ist Romy eigentlich einiges gewöhnt, wenn es um Kratzschäden geht. Kater Cobi zum Beispiel widmet sich frühmorgens immer wieder voller Inbrunst dem Türrahmen zum Schlafzimmer. Oder Joschi, der ausgiebig Papier zerrupft.
Aber was ist ein Türrahmen, was ein Stapel Papiere – selbst wenn darunter ein Zeugnis oder eine Urkunde wäre – im Vergleich zu einem Lieblingskleid!
So muss Luzi das Kleid geschrottet haben
Auf meine Nachfragen bleibt Luz recht einsilbig. »Mau« ist das Beste, was ich zur Antwort erhalte. Meist aber bleibt sie stumm. Deshalb muss ich mir die Szene selbst zusammenreimen.
Da hing also einen Winter lang das geliebte Streifenkleid im Schrank. Und zwar in genau dem Schrank, in dem Luz sich gerne versteckt hat. Wahrscheinlich hing dieses Kleid genau über dem Kuschelplatz, den Luz sich auserkoren hatte. Vielleicht hing es ihr sogar ein kleines bisschen im Weg und störte sie. Oder baumelte arg verführerisch direkt vor ihrem Lakritznäschen.
Genau werden wir es wohl nie erfahren. Auch nicht, warum es immer dieselbe Stelle sein musste, an der Luz inbrünstig gezupft hat. Das geliebte Kleid ist so jedenfalls nicht mehr anziehbar.
Und weil das Luzis Ex-Angestellter noch immer so wehtut, sei dem Streifenkleid nun eine Ode gewidmet.
Ode an das Streifenkleid
So ein echtes Lieblingsstück braucht eine Ode. Das ist das Mindeste, was ich im Namen Luzis noch tun kann: Ein Luzi Song für das Kleid. Und da bietet sich natürlich das Beste an, was die Kunst in Sachen Ode zu bieten hat: die Hymne der Europäischen Union.
Luzi gelobt Besserung
Dem Streifenkleid kann nicht mehr geholfen werden, Luzi aber hat Besserung gelobt. Zumindest Kleider wird sie nicht mehr schrotten. Das ist allerdings auch nicht schwer, denn derer gibt es hier so gut wie gar keine. Bettwäsche hingegen schon, vor allem auch gestreifte. Doch die ist recht widerstandsfähig.
Bleiben also nur die Spannbettlaken, die ich regelmäßig austauschen muss. Aber wie gesagt: Ein bisschen Schwund ist ja immer…
Foto: Romy, Bearbeitung: Britta
Nicht nur ein Kleid ist Luzis Zubbel-Leidenschaft zum Opfer gefallen. Auch eine Strickjacke. Genau – gestreift!
(Alles in allem: es gibt Schlimmeres! So wichtig sind mir Kleider dann doch nicht.)
Im Übrigen heilt ja dann auch die Zeit fast alle Wunden…