Katzen sabbern nicht. Okay, na gut, es mag einzelne Exemplare geben, die das tun. Aber meine Katze sabbert nicht. Kein übermäßiger Speichelfluss, den ich bei ihr je erlebt hätte. Und nun tat sie es doch: Luzi sabberte und schmatzte, was das Zeug hielt. Also mussten wir schon wieder mit dem Rollator zum Doc.
Wenn die Katze plötzlich sabbert
Was war passiert? Eigentlich nicht viel. Luzi war seit zwei oder drei Wochen wieder ruhiger und stiller geworden. Reduzierter, wenn man so will. Vor allem hat sie wieder mehr Zeit auf ihrem Schlafplatz verbracht. Und dort war es mir aufgefallen.
An den beiden Stellen, wo meist ihr Kopf liegt, fanden sich weiße Pünktchen. Bei der ersten Sichtung wusste ich damit noch nicht so viel anzufangen, aber dann war es bald klar. Es kann sich nur um Speicheltropfen handeln, dachte ich, und steckte ihre Decke in die Waschmaschine.
Etwas alarmiert behielt ich diese Stellen im Blick. Um nur wenige Tage später festzustellen, dass da schon wieder weiße Flecke waren. Immer an den Stellen, wo sie ihren Kopf ablegt.
Dann fiel mir auf, dass sie immer öfter schmatzte. Gerade so, als wolle sie sich gleich erbrechen. Nur, dass sie nicht gekotzt hat.
Zudem fiel mir auf, dass sie beim mittäglichen Training mit der neuen Rampe und abends bei der Leckerli-Jagd Probleme mit den TroFu-Bröckchen zu haben schien. Immer öfter schmatzte sie ewig lange auf denen herum, statt sie einfach zu schlucken. Klein genug sind die Teile, viel zu kauen gibt es da eigentlich nicht.
Etwas mehr zu kauen gibt es hingegen bei den gefriergetrockneten Hühnersnacks. »Huhn-Styropor« nennen Romy und ich diese Dinger nur, aber Joschi und Luzi stehen darauf. Nur dass Luzi sie nun oft ausspuckte. Und dabei kam dann auch mal ein Schleimpfropfen mit. Wohlbemerkt: Der kam beim Ausspucken, nicht beim Würgen.
Genug Gründe also, zur Abwechslung mal wieder zum Doc zu rollern, denn:
Katzen leiden still
Änderungen des Verhaltens sind immer ein Warnzeichen. Das habe ich in den letzten sechs Jahren zur Genüge gelernt. Das Blöde beim Leben mit einer Katze ist nur, dass sie Meisterinnen des Maskierens sind. Das heißt, dass sie alles dafür tun, sich bloß nichts anmerken zu lassen.
Wenn es Katzen also nicht gutgeht, dann zeigt sich das meist in ganz kleinen Veränderungen. So klein und so leise, dass wir grobmotorischen Menschen sie leider meist gar nicht so richtig mitbekommen. Gruselig!
Wie oft sage ich zu Luzi: »Sprich mit mir! Sag mir, was dir wehtut, Süßi!« Aber nix da. Keine brauchbare Antwort. Nur mein Bauchgefühl, das mir sagt, dass hier irgendwas nicht stimmt.
So nun auch während der letzten zwei Wochen. Wenn eine Katze plötzlich sabbert und schmatzt, dann muss das nichts Schlimmes sein. Aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass da was ganz und gar nicht in Ordnung ist. Also besser ab zum Doc.
Katze sabbert wegen …
Wenn eine Katze sabbert, ihr also Speichel aus dem Mäulchen fließt, kann das alles und nichts bedeuten. Das heißt, es kann ein Ausdruck maximaler Entspannung, aber auch das Symptom schwerer Erkrankung sein.
Maximale Entspannung, das mag sein, dachte ich. Nur würde es mich sehr überraschen, wenn eine Katze achtzehn Jahre braucht, bis sie so entspannt ist, dass sie dabei lustig vor sich hin sabbert.
Es muss also etwas anderes dahinterstecken. Und bloß weil die Liste der Ursachen sehr lang ist, muss es bei Luz ja nicht gleich eine der ganz bösen Gründe sein. Urämie, Lebererkrankung, ein Tumor oder was Neurologisches zum Beispiel.
Es melden sich aber auch schnell die üblichen Verdächtigen – und die sind im Maul zu finden.
… Entzündungen im Maul
Ob nun Gingivitis (Entzündung des Zahnfleisches), Stomatitis (Entzündung der gesamten Maulschleimhaut), Paradontitis (Entzündung des Zahnhalteapparats), FORL (das Auflösen der Zahnwurzeln) – nichts davon möchte man haben. Aber alles davon kann zu vermehrter Speichelproduktion führen.
Allerdings hat Luzi wegen FORL ja kaum noch Zähne. Und selbst damals, als sie die schlimmsten Zahnschmerzen gehabt haben muss, hat sie nicht gesabbert.
Dennoch lag mein Verdacht schon auf ihrer hübschen Schnüss. Bloß weil da kaum noch Zähne mehr sind, heißt das ja nicht, dass sich das Zahnfleisch nicht entzünden kann. Denn auch dafür kann es eine ganze Reihe von Gründen geben. Immunschwäche ist so einer.
Da fiel mir natürlich sofort ein, dass Luzis letztes Blutbild sehr geringe Leukozyten gezeigt hatte. Sollte diese Schwächung der Grund dafür sein, dass meine Katze sabbert?
… Magen-Darm-Erkrankung
Nein, meinte unser neuer Doc, der Luzi dennoch in ihr hübsches Mäulchen geschaut hat. Dort sah aber alles gut aus. Und dort rieche ja auch nichts übel. Was ein untrügliches Zeichen dafür sei, wenn im Maul etwas nicht in Ordnung ist.
Sein Verdacht: Es kommt wieder vom Magen. Auf das Abtasten ihres Oberbauchs hat sie dann auch direkt wieder mit Abwehrspannung reagiert.
Seine Diagnose: Mit viel Speichel und Schleim versuche ihr Körper, sich gegen die aufsteigende Salzsäure zu schützen. Wir sprechen hier also von einer Art Sodbrennen oder Reflux, wovon auch Katzen betroffen sein können.
Als Ursache dafür sah er nun einmal mehr das, was er zuletzt schon versucht hatte, als »Morbus Crohn der Katzen« zu erklären.
Morbus Crohn der Katze?
Morbus Crohn, also diese chronisch-entzündliche Darmerkrankung beim Menschen, dient aber immer nur als Vergleich. Als eine Art Krücke, um Worte zu finden für etwas, für das es offenbar keine gute Erklärung gibt. IBD, also die entzündliche Darmerkrankung der Katzen, schien für ihn jedenfalls schon vor zwei Monaten nicht die passende Diagnose zu sein. Und auch ich habe das ja schon immer angezweifelt, weil Luz keinen Durchfall hat.
Wenn man allerdings Dr. Internet nach »Morbus Crohn Katze« befragt, bekommt man lauter Infos zu IBD. Dabei wird aber auch klar, dass IBD eine Gruppe von entzündlichen Darmerkrankungen mit unterschiedlicher Ursache bezeichnet. Mit anderen Worten: Der Begriff IBD hilft irgendwie auch nicht weiter.
Deshalb gilt es wohl eher, den Begriff chronische Enteropathie zu benutzen. Der wird dann unterteilt und näher benannt nach der Therapie, auf den die Entzündungen im Verdauungsapparat reagieren. Es ist also entweder eine Futtermittel-, eine Antibiotika- oder eine Cortison-responsive Enteropathie. Siehe hierzu zum Beispiel die Infos des Schweizer Instituts für Veterinärpharmakologie und ‑toxikologie zum Thema IBD.
Das mit der Futtermittelallergie und dem Cortison hatten wir ja schon getestet. Ein halbes Jahr war alles gut gewesen, dann waren die Probleme zurückgekommen. Und wenn ich es genau bedenke, dann hat die arme Luz wahrscheinlich seitdem immer Bauchweh gehabt. Sicher nicht so schlimm wie zuletzt, aber… nun ja.
Der Doc spricht nun allerdings immer von etwas, das ein Autoimmun-Geschehen und für Katzen so typisch sei. Und ähnlich wie Morbus Crohn beim Menschen könne sich dies auf den gesamten Verdauungsapparat der Katze beziehen – so also auch auf die Speiseröhre und die Maulhöhle.
Katze sabbert nur, erbricht aber nicht
Bei aller Vermutung, etwas in Luzis Mäulchen könne entzündet sein, hatte ich selbst auch ihren Magen wieder in Verdacht gehabt.
Zwar hatte Luzi sich in den letzten zwei Monaten nur ein einziges Mal erbrochen und jeden Tag ihr großes Geschäft gemacht. Aber sie hatte sich eben zuletzt leider wieder so verhalten, wie ich es von ihr kenne, wenn ihr der Bauch schlimm wehtut. Wenig Antrieb, wenig Interesse – sprich: Sie wirkt irgendwie depressiv.
Dass es also einen Zusammenhang zwischen der ohnehin vorhandenen Problematik im Bauch und nun dem Speicheln geben könnte, überrascht mich jetzt nicht wirklich. Und von allen möglichen üblen Gründen für das Sabbern und das Schmatzen kann ich mit diesem Zusammenhang nun einigermaßen gut leben.
Viel schlauer bin ich allerdings immer noch nicht. Andererseits sind der Doc und ich uns in dem Punkt einig: Die große Diagnostik mit Spiegelungen und Ausstanzen von Gewebeproben et cetera will ich Luzi nicht antun. Ich bin einfach nur froh, dass ihr jetzt endlich – wenn auch immer nur vorübergehend – wieder bessergeht. Und dies ohne Cortison, das ihr letztes Jahr zwar auch geholfen, sie aber aufgeputscht und dick gemacht hatte.
Ein Pikser gegen das Sabbern und das Bauchweh
Und so es gab wieder die Injektion, die ihr vor zwei Monaten schon so gut geholfen hatte. Eine Mischung aus einem Medikament gegen die Übelkeit, etwas Antientzündlichem und etwas Krampflösendem. Im Prinzip also: MCP trifft auf Metacam trifft auf Buscopan. Oder so ähnlich. Jedenfalls nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Bei Luz hatte das vor zwei Monaten wie eine Wunderdroge gewirkt. Aber leider lässt die Wirkung nach sechs bis acht Wochen nach. Das hatte der Doc damals schon gesagt – und so haben wir das auch erlebt.
Mit anderen Worten: Wir werden nun wohl regelmäßig in die Praxis rollern müssen. Phasenweise mag es auch ohne gehen, dann wieder nötig sein. Aber was solls. Andere gehen jeden Monat und lassen Solensia spritzen. Wir hingegen machen Physiotherapie gegen die Arthrose, das hilft auch und kostet nix. Stattdessen gönnen wir uns im Zweifel nun alle zwei Monate eine Spritze gegen Bauchweh und Übelkeit.
Das ist es aber auch wert. Nach einem Tag bereits zeigte sich Luz wieder lebenslustiger, ohne ruhelos zu sein. Begeistert kitzelt sie mich morgens um 5:00 Uhr mit ihren Schnurrhaaren und bläst mir warmen Katzenfutter-Atem in die Nase. Turnt wieder über mein Bett. Kuschelt sich auf meinen Schoß. Steckt ihre Nase neugierig in alles, woran ich an irgendwie herumwerkele.
Ein bisschen getröpfelt hatte sie am Wochenende aber schon noch. Das muss ich nun weiter beobachten.
Luzis Beitrag zur tierärztlichen Weiterbildung
Wenn wir nun also öfter mal mit dem Rollator zum Doc rollern und uns dort eine Spritze abholen müssen, dann profitiert nicht nur die Luzi davon.
Zuletzt hatte ich meinen Beitrag zu Gabapentin überarbeitet und in dem Kontext auch aufgefordert, zur Weiterbildung der Tierärzt/innen beizutragen. Mit ihnen also zum Beispiel darüber zu sprechen, dass dieses Medikament, das in Überdosierung Katzen die Angst vor der Tierärztin nimmt, nur für nierengesunde Katzen geeignet ist.
Unser neuer Doc hingegen arbeitet noch gar nicht mit Gabapentin für Angstkatzen. Die Vorzüge lernen er und seine Mitarbeiterinnen erst durch uns so richtig kennen. So bedanken sie sich schon bei mir, wenn ich sage: »Ach, und übrigens: Wir sind heute wieder kooperativ gestimmt.«
Diejenige, die Luzi immer festhalten muss, strahlte mich nun an und schwärmte davon, wie toll Luzi doch vor vier Wochen ihre Pfote zum Blutabnehmen gereicht hatte. Das wäre ja unglaublich gewesen, vor allem in Anbetracht ihres Verhaltens beim ersten Besuch.
Da strahle ich gerne zurück und sage: »So lässt es sich gut arbeiten, oder?«
Etwas Antientzündliches. ( „… trifft auf Metacam …“), hm.
Ich dachte, Metacam verträgt die Mieze nicht?
Aus einem früheren Beitrag:
„ … auf das Individuum kommt es an. Und dessen Magenschleimhaut mag Meloxicam nicht länger ertragen.
Drei Monate ist das Ganze gutgegangen. Dabei hatte ich mich an die Empfehlung gehalten, mit so wenig wie möglich von dem Schmerzmittel auszukommen. Es gar intermittierend zu geben. Also phasenweise ganz darauf zu verzichten. Aber dann hatte Luzi Blut erbrochen – und Grund dafür war das Meloxicam.“
Zitat Ende.
Versteh mich nicht falsch, wenn‘s aktuell hilft mit diesem „Antientzündlichen“, was auch immer das sei, dann ist ja alles gut.
Falls es aktuell Metacam sein sollte, was da in der aktuellen „Zaubermischung“ drin ist, wär ich vorsichtig.
Hab ja selbst eine Miez, die zwar nicht sabbert oder schmatzt (hat ja oft nix zu sagen), aber als Katze mit zu wenig Insulin und zu wenig Verdauungsenzymen ständig mit fürchterlicher Gastritis zu tun hatte.
Hatte schon viel probiert: Futterumstellung, noch schärfere Diabetes-Einstellung, Hühnchen mit Reis, als letzte Option Protonenpumpenhemmer. Die sind bei ihr ein eigenes Kapitel.
Die beheben a) die Ursache nicht und dürfen b) eh nicht lange geben werden, gibt Studien drüber – und für Katzen mit voraussichtlich zukünftigen Nierenschäden (Diabetiker neigen dazu) generell keine gute Idee.
Bei uns siehts immer dann besser aus, wenn sie brav regelmäßig (!) dauerhaft ihre pürierten Moro-Möhren frisst oder ins Mäulchen bekommt – plus zweimal täglich Tragant und Butyrat-Sodium je in ner Kapsel verabreicht.
Das tut anscheinend ihrer Magen- und Darmschleimhaut gut, wird als antientzündlich und Schleimhautpflege beschrieben. Nix für Hochakutes wie akute Gastritis, aber sehr gut als Prophylaxe nach Abklingen und bei leichten Störungen. Dazu gebe ich schon sehr lange regelmäßig Darmbakterien Saccharomyces Boulardii.
Keine Gastritis mehr, keine Darmentzündung. Gottseidank. Das mit der Pankreasinsuffizienz ist eh schon schwierig genug zu händeln. So viele Baustellen. Es gibt in meiner Umgebung sogar jemanden, der sich fast schon lustig drüber macht, weil man bei einer behandlungsbedürftigen Katze so blöd sei und nicht in Urlaub kann. Mit Verlaub: ein A…loch.
Alles Gute der Luzi. Beste Genesungs-Grüße an den schönen Katz!
Vielleicht verträgt sie es ja besser, weil das Antientzündliche in einer Mischung ist. Kann man nie wissen, weil Mischungen wohl anders wirken.
Was ist Urlaub?
Vielleicht die zwei Tage offline, die ich mir verordnet hatte?
Ich staune jeden Tag darüber, wie diese Mischung Luzi verändert. Wenn ich überlege, wie lange Arthrose das alles bestimmende Thema war. Selbst für den schlechten Stuhlgang musste die als Erklärung immer herhalten.
Jetzt ist da ein Luz, das wieder hüpft, täglich ihren Haufen macht und nicht mehr kotzt. Auch wenn die Mischung nicht heilend wirkt, sondern nur palliativ, bin ich froh, dass wir hier endlich etwas gefunden haben, das Luzis Lebensqualität steigert.
LG und Frohe Ostern, bk