Vielleicht hat der ein oder die andere Leser/in dieses Blogs sich schon einmal gefragt, woher ich so viel von Luzis Gewohnheiten weiß. Zum Beispiel, wann sie ihr letztes Geschäft verrichtet hat und von welcher Qualität es war. Nun, das liegt daran, dass wir hier vom Leben mit einer Wohnungskatze sprechen. Luzi und ich bekommen alles voneinander mit. Und wenn ich »alles« sage, dann meine ich auch alles. Wirklich alles.
Luzis Revier ist ein Wohnungsrevier
Grundsätzlich würde auch ich sagen, dass es artgerechter wäre, hätte auch Luzi ihren Freigang. Ich meine, wir reden hier von einem Tier, dessen Vorfahren sich irgendwann mal entschieden haben, dass es günstig für sie sein könnte, im Umfeld von Menschen zu leben. Dem Menschen untergeben haben sich Katzen aber nie. Und wieder verwildern können sie in null Komma nichts. Dazu braucht es noch nicht mal eine neue Generation.
Warum also sollte man auf die Idee kommen, ein solches Tier in eine Wohnung einzusperren?
Dann schaue ich mir Luzi an (während ich dies hier schreibe, liegt sie wie üblich neben mir und schläft). Soweit ich es weiß, ist der einzige Freigang, den sie je hatte, der auf einem sehr schönen Balkon gewesen. Ansonsten ging es in der von ihr so verhassten Transportbox zum Tierarzt. Oder in das Tierheim, aus dem Romy sie seinerzeit geholt hatte. Bis auf den Balkon alles nichts, was ihr jemals gefallen hätte.
Auch wenn mich also immer ein grundsätzlich schlechtes Gewissen plagt, sage ich mir: Luzi kennt die große weite Welt gar nicht. Sie weiß nicht, was sie da draußen verpassen, aber auch nicht, was ihr da draußen gefährlich werden könnte.
Das Einzige, was Luzi wirklich fehlt, ist ein schöner Balkon. Unserer geht zur Straße raus, weshalb ich ihn nicht einnetzen kann. So bleibt Luz also nur der Blick durch die vernetzte Balkontür nach draußen.
Leben als Wohnungskatze versus Freigänger
Eines ist klar: Eine freiheitsliebende Katze könnte und würde ich hier nicht einsperren. Aber auch einem Betthäschen wie Luzi würde ich gerne mehr bieten als 50 Quadratmeter.
Hätte ich die Wahl, würde ich Luz auf jeden Fall einen eingezäunten Garten gönnen wollen. Ein echtes kleines Revier, in dem sie nach Herzenslust Vögel beobachten und potenziell auch Mäuse jagen könnte. Auf jeden Fall hätte sie Gras unter den Pfoten und könnte vielleicht sogar mal einen Baum erklimmen. (Allein fehlt mir zu Letzterem fast die Phantasie: Sportmuffel Luzi einen Baum erklimmen???)
Tatsächlichen Freigang hingegen, ganz ehrlich: nicht in einer Großstadt. Nicht mit einer stark befahrenen Straße vor der Haustür. Hier lebt man eigentlich doch besser ohne Mieze. Oder man wählt eine Mitbewohnerin wie Luzi, die echten Freigang gar nicht kennt.
Ohnehin ist klar, dass die Lebenserwartung eines echten Freigängers bei Weitem nicht so hoch ist wie die einer Wohnungskatze. Freiheit bedeutet halt auch immer mehr Risiko, auch bei weniger Straßenverkehr direkt vor der Haustür. Der goldene Käfig hingegen funktioniert aber auch nur, weil Luzi die Vorzüge ihres Rundum-Sorglos-Paktes sehr zu schätzen weiß.
Leben als Wohnungskatze: Vorteile und Nachteile
Die Vorteile, die das Leben als Wohnungskatze mit sich bringen, münden letztlich alle irgendwie in die höhere Lebenserwartung. Die Nachteile haben viel mit den eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten und der oft doch fehlenden Abwechslung zu tun.
Vorteile
- keine Autos, Motor- oder Fahrräder im Revier
- keine Katzenhasser, die Gift auslegen oder mit der Wasserpistole darauf warten, dass die Katze in ihren Garten kackt
- insgesamt bessere Gesundheitsvorsorge, weil
- bessere Übersicht über die Verdauungssituation und
- keine Zweitfamilie, bei der das Futter besser schmeckt,
- somit auch bessere Übersicht über die Ernährungslage.
Nachteile
- weniger Bewegungsfreiheit
- weniger Abwechslung
- kaum Selbstbestimmung
- insgesamt also mehr Langeweile
- Gefahren im Haushalt, zum Beispiel herumliegende Kleinteile, giftige Nahrungsmittel wie Schokolade oder gar gekippte Fenster.
- Außerdem keine Zweitfamilie, bei der das Futter besser schmeckt.
Die beiden Listen sind sicherlich nicht allumfassend. Sie machen aber schon mal deutlich: Wenn das Leben als Wohnungskatze nicht nur ein langes, sondern auch ein schönes sein soll, braucht es viel Engagement des Menschen, mit dem Pussycat zusammenlebt.
Damit es also nicht zu langweilig wird, muss man sich als Mensch einer Wohnungskatze, die zudem auch noch wie Luzi keine Artgenossen neben sich duldet, so einiges einfallen lassen.
Wir wissen alles voneinander
Nun hatte ich ja eingangs erwähnt, dass Luzi und ich alles, wirklich alles voneinander wissen.
Das ist sicherlich eine Erkenntnis, die für jeden Menschen einer Katze gilt. Als Schleichjäger sind Katzen darauf angewiesen, ihre Umwelt immer genauestens zu beobachten (es könnte sich ja eine Gelegenheit zum Beutemachen ergeben). Also behalten sie auch ihre Menschen immer genau im Blick.
In unserem Fall ist es zudem so, dass ich weitestgehend zu Hause arbeite. Homeoffice ist also keine Erfahrung, die ich erst in Corona-Zeiten gemacht habe, sondern der Normalzustand. Mit anderen Worten: Luzi kennt mich und beobachtet mich nahezu 24/7: 24 Stunden an 7 Tagen die Woche.
Entsprechend weiß Luz genauso viel über mich wie ich über sie. Allem voran:
- wann ich was esse – und wie viel davon
- wie es um meinen Stuhlgang bestellt ist
- ob ich mich mal wieder putzen, sprich: duschen sollte
- wie schlimm ich letzte Nacht geschnarcht habe
Nun verlasse aber auch ich natürlich immer wieder mal unser Revier. Und wenn ich weiß, dass es länger dauern und/oder spät werden kann, Luzi also mehr als sechs Stunden alleine sein wird, muss die Phantasie helfen, mein schlechtes Gewissen zu neutralisieren.
Luzis Geheimversteck
Meine Lieblingsphantasie ist, dass sie über ein Geheimversteck verfügt, das sie immer dann aufsucht, wenn ich das Haus verlasse. In diesem Geheimversteck befindet sich alles, was eine Katzendame von Welt so braucht: Alkohol. Nikotin. Ein Smartphone. Vielleicht auch Kaviar und Gänseleberpastete. Auf jeden Fall lauter Dinge, mit denen sich das Leben als Wohnungskatze mächtig aufpolieren lässt.
Wenn ich also tatsächlich mal stundenlang unterwegs bin, stelle ich mir immer Luzi vor, wie sie auf dem Sofa sitzt. Die Beine übereinander geschlagen. In der einen Pfote eine Zigarre. In der anderen das Smartphone. Auf dem Sofatisch ein Gläschen Champagner, wahlweise auch Whiskey. Das Ganze mindestens so lässig wie die Echse. Nur eben nicht auf dem Schoß eines Menschen.
Per Smartphone skypt sie dann entweder mit ihren Freundinnen. Oder sie lästert mit ihnen via WhatsApp Gruppe. Über die Kater dieser Welt. Oder die Menschen, mit denen sie zusammenleben.
Dabei sollten wir natürlich nicht stören. Zumindest ein wenig Privatsphäre sei unseren Wohnungskatzen doch gegönnt.