Katzen brauchen Rituale. Katzen lieben Rituale. Als Gewohnheitstiere sind sie manchmal vielleicht ein bisschen zwanghaft. Dennoch passen sie sich weitgehend an den Wach-Schlaf-Rhythmus von uns Menschen an. Letztlich haben sie aber ihre eigene Vorstellung von einem gutstrukturierten Tagesablauf. Da ist die Luzi nicht anders als ihre Artgenossinnen.
Ein Tag im Leben der Luzi beginnt sehr früh
Luzi Ritual Nr. 1: Frühmorgens Tyranni spielen und sich dafür mehrfach vom Bett schubsen lassen. Yippie!
Gewohnheitstier hin, geregelter Tagesablauf her. Es ist wahrlich nicht so, dass unsere Tage immer gleich ablaufen. Das hat schon allein damit zu tun, dass ich nicht jeden Morgen zur gleichen Zeit das Haus verlasse. Als Selbstständige, die weitgehend im Homeoffice arbeitet, kann ich mir meine Zeit frei einteilen. Dazu gehört, dass ich – ginge es rein nach mir – den Tag nicht allzu früh beginnen würde.
Aber ich kann mich auf den Kopf stellen und lernen, mit den Ohren zu wackeln. Ich werde Luzi nie davon überzeugen, dass unser Tag erst um neun Uhr beginnen sollte. Die Luz ist und bleibt eine Frühaufsteherin, die keine Gnade kennt. Und deshalb auch einen neuen Spitznamen hat: Morgens nenne ich sie nur noch Tyranni. Als Kurzform von Tyranno Katzus Rupf.
All meine Versuche, sie in den frühen Morgenstunden davon abzuhalten, an meinem Kissen oder der Decke zu rupfen, sind fehlgeschlagen. In meinem Anti-Zubbel-Training hat sie vielmehr ein lustiges Spiel erkannt! Morgens regelmäßig aus dem Bett geschubst zu werden, ist somit für sie zu einem dieser Rituale geworden, die Katzen so brauchen und auch lieben. Und wie man es auch dreht und wendet: Ich stehe dank Luzi viel früher auf, als es mir lieb wäre.
Dabei bin ich mir sicher, dass es ihr morgens gar nicht um ihr Hüngerchen nach einer langen Nacht des Teilzeitfastens geht. Sie ist wach, also möchte sie, dass auch ich wach bin. Basta. Das frühe erste Frühstück ist dann nur eine willkommene Begleiterscheinung.
Ritual nach dem Aufstehen: Fußballtraining zum Frühstuck
Luzi Ritual Nr. 2: Morgens mit dem Futterball spielen und hinterher so tun, als hätte man keine Ahnung, wo der leere Ball sein könnte.
Mein Beitrag zu Luzis Tagesablauf orientiert sich sehr an ihren Futterzeiten. Die wiederum waren mal ganz anders geplant als sie heutzutage stattfinden.
Zu Beginn unserer Mädels-WG dachte ich, zwei feste Mahlzeiten am Tag seien für eine Luzi gut: Morgens das Frühstück, abends das Abendessen. Tagsüber sollte sie sich ihr Futter verdienen. Zum Beispiel beim Clickertraining und alles im Sinne des Active Feedings.
Leider hat es sich dann bei uns relativ schnell ausgeclickert. Trainiert haben wir trotzdem, es fehlte nur der bestätigende Click. Alternativ stand für eine lange Zeit vor allem auch das tägliche Fummeltraining auf der Tagesordnung. Anfangs mit einem einfachen Fummelbrett, später mit der massiveren Bauart.
Ungefähr zur selben Zeit entwickelte sich auch die Erkenntnis, dass es für Luz viel bekömmlicher ist, wenn sie ihr Futter in vielen kleinen Portionen bekommt. So oder so haben diese Trainings-Rituale jedenfalls immer erst im Laufe des Nachmittags stattgefunden.
Seit ungefähr einem halben Jahr nun gehört das Fußballtraining zum festen Morgenritual. Irgendwann kam mir mal in den Sinn, dass Luz im Gegensatz zu mir zwischen acht und neun Uhr ja nun sehr wach und fit ist. Warum also ihr nicht dann schon etwas zu tun geben? Seither fordert sie das Spiel mit dem Futterball irgendwann zwischen Frühstück 1 und Frühstück 2 vehement ein.
Hinterher ist sie mir dann definitiv keine Hilfe, wenn es darum geht, den leeren Ball wiederzufinden. Also krieche ich irgendwann zwischen meinem Frühstück und dem Mittagessen auf den Knien durch die Wohnung. Und auch wenn ich schon manchmal kurz vor der Kapitulation stand, gefunden habe ich den Ball bislang doch immer.
Ritual nach dem Frühstück: das vormittägliche Schläfchen
Luzi Ritual Nr. 3: Den Vormittag verschlafen. Oder zumindest verdösen.
Zwar gibt es vereinzelt Vormittage, an denen die Luz auch mal wach ist. Aber in mindestens 98 Prozent aller Fälle verschläft oder verdöst sie diesen Teil des Tages komplett.
Das gibt mir die Chance, tatsächlich auch mal ungestört zu arbeiten. Zumal Luz im Laufe der Zeit verstanden hat, dass alles Maunzen nicht viel bringt, wenn ich so richtig konzentriert im Tunnel bin. Also zieht sie sich zurück, sobald sie mich am Rechner sieht.
Später, wenn Luz zum Mittagessen wieder aufsteht, ist mir die Unterbrechung meist sehr willkommen. Vor allem wenn ich an einem Problem brüte, hilft die Ablenkung sehr. Denn danach erkenne ich die Lösung für das Problem im Allgemeinen viel schneller oder gar direkt.
Anders der Cobi, der seine Chancen sofort erkennt und ergreift, wenn Romy im Homeoffice arbeitet. Ihm geht es dann offenbar regelmäßig so wie dem Esel aus Shrek, der unbedingt mal geknuddelt werden muss.
Ritual nach dem Mittagessen: neuerdings Bewegungstraining
Luzi Ritual Nr. 4: Auf der Rampe dem Leckerli hinterherlaufen und mindestens einmal im Trampolin landen.
Irgendwann in der Mittagszeit wacht Luz auf und stellt fest, dass sie kurz vor dem Verhungern steht. Und spätestens nach Mittagessen 2 erwartet sie Bespaßung.
Früher haben wir dann solche Sachen wie Folge dem Target gespielt. Später waren es Übungen wie Sitz!. Dann kam die lange Phase des Fummelbretts. Den vergangenen Sommer über waren wir beide eher lethargisch und haben gar nichts gemacht.
Nun steht das Bewegungstraining an. Nachmittags erklimmt Luz seit Kurzem jeden Tag die neue Rampe. Aktuell führt diese sie auf den Wäschekorb, vor dem wie ein Sicherungsnetz das Trampolin steht.
Das ist auch gut so. Denn mindestens einmal pro Session vergisst sie ihre Füße, tritt hinten ins Leere und landet so mit dem Hintern auf dem Trampolin. Dann kämpft sie sich aber tapfer wieder hoch und läuft schnurrend weiter dem Leckerli hinterher.
Das wichtigste aller Katzen Rituale überhaupt: die Siesta
Luzi Ritual Nr. 6: Pfötchen warmreiben für die Bauchmassage und das anschließende Schmusen
Irgendwann im Laufe des späten Nachmittags folgt dann das wichtigste aller Rituale für Katzen: das Kuscheln im Laufe einer mindestens einstündigen Siesta.
Ich gebe zu: Die Siesta ist zu meinem Lieblingsritual geworden. Wie konnte ich nur zuvor ohne dieses Kuschelstündchen leben? Wie konnte ich nur existieren, ohne wenigstens einmal am Tag ordentlich durchgetretelt zu werden? Als Dankeschön kuschle ich Luzi dann, bis sie mit einem Gähnen ankündigt, dass sie sich nun putzen und dann einschlafen muss.
Diese Siesta fordert Luz auch mindestens so vehement ein wie das morgendliche Ballspiel. Wenn ich nicht freiwillig komme, werde ich herbeizitiert.
Nach dem Schmusen, bestenfalls noch vor dem Abendessen, schließt sich neuerdings die zweite Einheit in Sachen Bewegungstraining an.
Luzi Ritual Nr. 7: Skaten oder Trampolin springen.
Skaten ist aktuell der ganz heiße Scheiß. Zuvor war es das Rollbrett, aber dank einer freundlichen Spende lässt Luz sich nun tatsächlich auf einem Skateboard hin- und herfahren.
Alternativ geht es aufs Trampolin. Beides absolviert sie in kompletter Konzentration auf eine darmflora-freundliche Paste, die unverschämt lecker sein muss. Diese Paste lässt sie jedenfalls mal wieder alles vergessen, was ihr früher sicherlich mehr Sorge bereitet hätte. Wackeliger Untergrund? Sich durch die Gegend ziehen lassen? Das hätte Luz vor einem Jahr noch ganz sicher nicht mitgemacht.
Das Abendritual: die Federangel
Luzi Ritual Nr. 8: Durch die Wohnung laufen und an ausgesuchten Stellen die fliegenden Federn verprügeln.
Wenn mir vor zwei Jahren einer gesagt hätte, dass die Luz mal jeden Abend Federn jagen würde. Noch vor einem Jahr war das kaum vorstellbar. Was hat sie mich immer abschätzig angeschaut, wenn ich mit Spielzeug wie dieser Federangel ankam.
Seit nun aber mehr als einem halben Jahr braucht die Jägerin ihre Federn. Mehrfach die Wohnung rauf und runter muss ich ihr hinterherlaufen und dabei die Angel vor ihrer Nase schwingen lassen. An ausgewählten Stellen in der Wohnung schlägt sie dann nach den Federn. Oder sie springt nach ihnen und fängt sie mit beiden Pfoten, manchmal sogar mit dem Mäulchen.
Was für andere völlig normal ist, erscheint mir noch immer wie ein Wunder. Die Luz kann auch richtig Katze sein! Deshalb nenne ich sie nun auch oft mein kleines Wunder.
Katzen brauchen Rituale – aber nicht immer dieselben
Am Ende des Tages, wenn wir beide im Bett liegen, noch ein bisschen kuscheln und uns dann unseren Traumwelten hingeben, stelle ich fest: Ja, Katzen brauchen Rituale. Aber es müssen nicht immer exakt dieselben sein.
Wichtig ist doch vor allem, dass wir uns als ihre Bezugspersonen als verlässlich und zugewandt zeigen. Verlässlich im Sinne von: Wir sind für regelmäßige und ausreichend gute Mahlzeiten zuständig. Sorgen für ein sauberes Katzenklo. Solche Sachen. Und zugewandt, indem wir für Quality Time sorgen. Zeiten, in den wir mit unserem Tier etwas zusammen machen, das beiden Spaß macht.
Irgendwann realisiert man dann, wie sehr man zu einem kleinen Team zusammenwächst. Wie groß das gegenseitige Vertrauen und die Bezogenheit aufeinander geworden ist. Und das sind dann mal wieder diese Momente der totalen Glückshormon-Ausschüttung. Hach.