Gut vier Monate ist es nun her, da ich Luzi in den Katzenhimmel schicken musste. Mein Herz ist in der Zwischenzeit nicht leichter geworden, dafür ist der Abschied aber auch noch viel zu frisch. Dennoch mache ich jetzt das, was ich mir schon vor über einem Jahr vorgenommen hatte. Wenn Luzi mal nicht mehr sein sollte, so hatte ich mir damals gesagt, werde ich Pflegestelle für Katzen. Weil es so viele Katzen gibt, die kein schönes Zuhause haben. Besonders den älteren schüchternen habe ich viel zu geben.
Nun ist es so weit. Aber es sind keine schüchternen Senioren, die hier eingezogen wären. Ganz im Gegenteil sind es Kitten, die Luzis Pflegestelle auf Tauglichkeit prüfen.
Pflegestelle für Katzen statt Adoption – warum das?
Auch wenn ich es nicht so genau weiß, aber Luzi ist wahrscheinlich mit 18 Jahren von mir gegangen. Diese vielen Lebensjahre sah man ihr zwar nicht an. Und ich habe ja auch nicht alle davon mit ihr zusammen erlebt. Aber ihrem Verhalten war schon länger anzumerken, dass sie kein junges Kätzchen mehr war.
Vor einem Jahr wurde mir dann schmerzlich bewusst, dass die Zeit der letzten Male begonnen hatte. Und da wurde mir auch klar, dass ich das so schnell nicht noch einmal erleben möchte. Zu wissen, dass nun das letzte gemeinsame Weihnachten ansteht. Oder ihr letzter Geburtstag.
Trennen, so sagte ich mir bereits damals, werde ich mich immer wieder müssen, wenn ich mit felligen Freund/innen leben möchte. Aber wenn ich mich schon trennen muss, dann doch lieber, weil die Katze in ein schönes Leben in einem neuen festen Zuhause umzieht – und nicht für immer in den Katzenhimmel.
Diese neue Art von Trennung habe ich mir auch sehr schmerzhaft vorgestellt. Aber sie kann einfach nicht so schmerzhaft sein wie die, die ich im vergangenen Sommer durchmachen musste.
Kohle ist auch ein Grund
Ein zweiter Grund gesellt sich hinzu. Noch einmal werde ich mir ein Leben mit Katzen so nämlich nicht leisten können. Und damit meine ich nicht die Kosten für Futter, Streu und Spielzeug.
Futter, Streu und Spielzeug läppern sich zwar auch. Aber unterm Strich lassen sich diese Ausgaben auch ein bisschen steuern. Dabei würde ich nicht ausgerechnet in Sachen Futter sparen. Aber zum Beispiel kann man das meiste Spielzeug selbst machen. Und ich brauche kein Hightech-Katzenklo oder einen super-stylischen Kratzbaum.
Was mir fast das finanzielle Genick gebrochen hat, ist die tierärztliche Versorgung. Rund 5.000 Euro habe ich in Praxen und Kliniken gelassen. Für eine Katze in sechs Jahren.
Zugegeben, es waren ihre teuersten Jahre. Aber auch ein Kitten kann mit schwerer Erkrankung geboren werden. Oder ein echter Pechvogel sein, der sich ständig verletzt. Und so eine FORL-OP, die bereits in jungen Jahren angezeigt sein kann, ist durch die Novelle der Gebührenordnung auch nicht preiswerter geworden.
Schließlich leben Katzen am besten zu zweit. Die Kosten verdoppeln sich also schon allein deshalb. Und das kann ich nicht leisten. Es geht einfach nicht. Bei aller Liebe für kleine Fellpopos.
Und wer jetzt sagt, warum schließt sie nicht einfach eine Tierkrankenversicherung ab, sei verwiesen auf die Eisbaumtabelle. Für eine Seniorin wie Luzi komme ich da schnell auf dieselbe Summe (oder gar mehr), die ich direkt an die Behandler gezahlt habe.
Erster Versuch als Pflegestelle für Katzen
Mein erster Versuch, Pflegestelle für Katzen zu werden, hat gleich mal so gar nicht geklappt. Er endete, bevor er überhaupt begonnen hatte. Und das, weil ich gelesen hatte, was ich hatte lesen wollen.
Von einer Katze war die Rede gewesen, deren Geschichte der von Luzi glich. Mensch verstorben, Katze mit Rettungsdienst ins Tierheim gebracht, Katze dort todunglücklich. So war es Luzi auch ergangen. Ich dachte, dass ich die Richtige für diese Katze sei. Großzügig überlesen hatte ich nur leider alle Hinweise darauf, dass diese Katze im Gegensatz zu Luzi angstaggressiv war. Und das hat sie bei meinem Besuch im Tierheim auch eindrücklich gezeigt.
Dafür war ich nicht die Richtige. Oder zumindest habe ich es mir nicht zugetraut, einer Katze ein Zuhause zu bieten, die in ihrer Angst nach vorne geht.
Nach dieser Erfahrung dachte ich mir, dass Tierheime nicht die richtigen Ansprechpartner für mich sind. Denn die suchen ja nur Pflegestellen, wenn die Katze wegen ihres Verhaltens keine Chance auf Vermittlung in ein festes Zuhause hat.
Unter diesen sozusagen Unvermittelbaren können sicherlich auch immer wieder Schätze sein wie Luzi (»lässt sich vielleicht nie anfassen«) oder Cobi (war sehr krank ins Tierheim gekommen). Aber je nach Päckchen, das Katzen mitbringen, ist man für sie entweder die richtige Pflegestelle / das richtige Zuhause – oder eben nicht.
Sommerfest des hiesigen Katzenschutzvereins
Mein zweiter Anlauf führte mich dann zum Sommerfest des Katzenschutzbunds Köln. Dass die wie jeder anderer Tierschutzverein kaum wissen wohin mit all den Katzen, die sie von der Straße holen oder die an sie herangetragen werden, war mir bekannt. Bevor ich mich bei denen aber als Pflegestelle für Katzen bewarb, hatte ich sie erst einmal kennenlernen wollen.
Also meldeten Romy und ich uns für dieses Sommerfest an – und stellten schnell fest, dass dies das Fest der Pflegestellen war. Unabhängig davon, ob und wie viele eigene Katzen sie bereits haben, bieten alle, mit denen wir gesprochen haben, heimatlosen Tieren ein vorübergehendes Zuhause. Und so konnte ich mich vergewissern, dass die Dinge, die mir als Pflegestelle wichtig sind, auch durchaus realistisch sind.
Damit meine ich zum Beispiel, dass ich nicht nur begrenzten Raum, sondern auch begrenzte Erfahrung habe. Wenn also aktuell Bedarf nach Pflegestellen für Kitten besteht, dann gebt mir doch nicht ausgerechnet die ganz scheuen Kätzchen. »Seid nett zu mir«, habe ich gesagt, »und gebt mir für den Start erst einmal zahme Kitten.«
So sollten dann auch relativ bald später die ersten beiden zahmen Kitten bei mir einziehen. Und das wäre auch bestimmt ganz schön geworden – hätten die beiden Süßen nicht bereits ein festes Zuhause gefunden, bevor sie zu mir umziehen konnten.
Wunderbar für die Kitten. Ein bisschen blöd für mich. Aber so ist das nun mal als Pflegestelle für Katzen. Es dreht sich nicht um mich. Alles dreht sich um die Fellpopos. Und das ist auch gut so.
Luzi steht im Geiste beratend zur Seite
Luzi lebt noch immer in ihrem Revier. Okay, sie lebt hier natürlich nicht mehr im wahrsten Sinne des Wortes. Das habe ich verstanden. Aber auf gewisse Weise ist sie eben noch immer da.
Das gilt nicht nur, weil ich nicht alles, was an sie erinnert, aus der Wohnung verbannt habe. Ich hatte zwar mächtig auf- und umgeräumt. Aber ich wusste ja auch, dass ich vorhatte, Pflegestelle für Katzen zu werden. Da werfe ich nicht alles weg, nur weil Luzi es genutzt hat.
Auch hängen hier überall noch Bilder, die ich von Luzi gemalt hatte. Und natürlich hatte auch ihre Asche einen festen Platz bezogen. Für diese Asche hatte ich eine Art Urne selbst gemacht. Ganz in unserem Style: Streifen und viel Farbe.
Bislang stand diese Urne offen in unserem IKEA-Hack-Kratzbaum und schaut hinaus auf die Bäume vor dem Haus. Aber das konnte so natürlich nicht bleiben. Denn auch wenn Luzi auf diesem Kratzbaum nie herumgeklettert ist – die Kitten tun es.
Also musste Luzi umziehen. Ein Stockwerk tiefer in diesem Kratzbaum-Regal habe ich eine Schublade für sie freigeräumt. Dort ist sie nun vor den jungen Wilden sicher.
Die ersten Pflegekatzen sind da
Dass das eine weise Entscheidung war, hat sich bereits gezeigt. Denn in der Zwischenzeit sind tatsächlich zwei Katerkinder hier eingezogen.
Auf gewisse Weise haben die beiden bereits von dem profitiert, was ich von Luzi gelernt habe. Weil ich bereits mit einer Katze zusammengelebt habe, weiß ich, was man Schönes zusammen machen kann. Klickern zum Beispiel. Oder mit dem Fummelbrett spielen. Die Leckerli-Jagd. Natürlich auch viel schmusen.
Aber die Jungs mögen auch Spiele, die die Luzi nur unter bestimmten Umständen mochte. Wenn der Mond im fünften Haus stand und der Mars in der passenden Ausrichtung zum Jupiter. Dann mochte sie ihre Katzenangeln, auf die die kleinen Kater jederzeit abfahren. Und natürlich stehen sie auch darauf, zu raufen und durch die Wohnung zu toben.
Bald musste ich feststellen, dass zwischen einer Katzenseniorin und zwei kleinen Katern wirklich Welten liegen. Und dass mein Herz immer für die Seniorin schlägt und schlagen wird. Ich stehe halt mehr auf Katzen, die ich zum Spielen motivieren muss – und nicht auf jene, die davon gar nicht genug bekommen können.
Mehr über das Leben mit den beiden kleinen Katern demnächst auf Luzis Blog.