CDS, das steht für Kognitives Dysfunktionssyndrom. Schwieriger Name, umgangssprachlich klingt es vertrauter: Demenz (oder gar Alzheimer). Leider können auch Katzen und Hunde davon betroffen sein. Und auch wenn man es verniedlichend als »ein bisschen tüddelig« bezeichnen könnte, steht dahinter nichts Nettes. Wir sprechen hier nämlich von Verhaltensänderungen, die alle Beteiligten in den Wahnsinn treiben können. Leider zeigt auch Luzi erste Anzeichen einer Katze, die an Demenz erkrankt ist – hier unsere ersten Erfahrungen.
Was bedeutet Demenz bei der Katze?
Demenz bei einer Katze ist ungefähr so schlimm wie Demenz bei einem Menschen. Der Begriff »kognitive Dysfunktion« benennt es schon sehr treffend: Da läuft es im Hirn nicht mehr rund. Und das wiederum bedeutet,
- dass Erlerntes vergessen wird.
- Bekanntes erscheint nicht länger vertraut.
- Orientierung mag nicht mehr so recht klappen.
- Kurz und schlecht: Die intellektuellen Möglichkeiten schwinden, stattdessen melden sich basale Emotionen wie Angst und Ärger.
Typisches Anzeichen für Demenz bei der Katze ist das Schreien, gerne auch nachts. Denn das mit dem Tag-Nacht-Rhythmus mag nicht mehr so recht klappen.
Zudem kann die Orientierungslosigkeit dazu führen, dass demente Katzen ihre Toilette nicht mehr finden und dann irgendwo ihr Geschäft verrichten.
Oder sie finden nicht mehr den Weg zu ihrem Napf, das kann auch passieren.
Schließlich vergessen demente Katzen manchmal, was sie gerade vorhatten, und starren irritiert vor sich hin.
Oder sie legen sich direkt vor eine Wand und starren diese wie hypnotisiert an.
Unsere Erfahrungen mit der Demenz einer Katze …
… Test der Uni Leipzig
Unsere Erfahrungen mit der Demenz bei einer Katze sind noch recht überschaubar. Entsprechend haben meine Antworten auf eine Umfrage der Uni Leipzig einen mittleren Wert ergeben. Auf die Grundfrage »Hat meine Katze Alzheimer?« lautete die Antwort:
Testergebnis: 32 Punkte
Entsprechend Ihrer Angaben besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Katze am Kognitiven Dysfunktionssyndrom erkrankt ist.
Allerdings lautet die Antwort auf 33 Punkte bereits, dass es sich um mäßige Verhaltensänderungen handelt. Bei 32 Punkten sind sie also gerade noch leicht/gering.
Der Test verrät einem überdies auch, was da alles noch kommen mag.
… Starren an die Wand
Unsere erste Erfahrung in Sachen Demenz war sicher das Starren an die Wand. Wobei ich gerade realisiere, dass Luzi bereits damals die Wand nicht nur angestarrt, sondern auch angemaunzt hat. Zumindest erzähle ich davon in meinem Beitrag.
In dem Beitrag vor einem Jahr habe ich noch viel über Farbensehen und tolles Hören vermeintlicher Insekten erzählt. Was hingegen verschwiegen habe, war meine Befürchtung, dass das erste Anzeichen der Demenz sein könnten.
Demenz oder Depression? Das fragte ich mich bereits damals. Spätestens dieses Jahr äußere ich meine Befürchtung auch offen. So zum Bespiel, als ich davon erzählte, wie ich Luzi die Wand mit Babyspielzeug kuscheliger gemacht hatte.
Worte machen die Dinge halt oft erst real.
… Lautes Maunzen/Schreien ohne erkennbaren Grund
Auch dieses Jahr erst habe ich von Luzis lautem Maunzen beziehungsweise Schreien ohne erkennbaren Grund erzählt. In dem Text habe ich den Begriff Demenz nicht einmal benutzt, obwohl mir kaum was anderes so sehr durch den Kopf ging.
Erst als Antwort auf den Kommentar einer Leserin bin ich darauf eingegangen. Die Kräfte der Verdrängung können halt sooo stark sein!
Aber das gehört eben auch zu unseren Erfahrungen mit der Demenz einer Katze: dass ihr Mensch es nicht wahrhaben will.
Und natürlich hatte die Kommentierende damals recht: Schwuppdiwupp fing Luz dann auch an, nachts zu schreien. Was ganz definitiv den Bereich berührt, der ziemlich direkt in den Wahnsinn führt.
… Erlerntes vergessen
Schließlich fiel mir diesen Sommer so richtig auf, dass Luzi so manch Erlerntes vergessen hat.
Es bricht mir das Herz, wenn ich meine Königin des Fummelbretts vor eben diesem heutzutage sehe. Was war sie eine Meisterin im Fummeln!
Jetzt aber steht sie vor dem Brett und weiß nicht, was sie damit anfangen soll. Selbst wenn ich ihr dabei helfe (und ohne Hilfe geht es gar nicht mehr), verliert sie schnell das Interesse.
Wahrscheinlich wäre mir dieser Wegfall ihrer kätzischen Kompetenz schon viel früher aufgefallen. Aber das Fummeln ist leider dem vielen Bewegungstraining in Sachen Arthrose zum Opfer gefallen.
Was mir hingegen schon früher aufgefallen war: Das mit dem Sitz! klappt nicht mehr. Tatsächlich scheint sie es nur noch auf dem Bett zu können. Wenn ich sie bei der Treppen-Übung auf das Bett führe, lasse ich sie dort auch immer wieder mal sitzen und mir das Pfötchen geben. Das funktioniert dann auch heute noch ganz wunderbar.
Wenn ich dasselbe aber am Fuße der Treppe von ihr erwarte – nix! Dann schaut sie mich an, als hätte sie nicht die geringste Ahnung, was ich wohl meinen könnte.
Hilfe bei Demenz der Katze – unsere Erfahrungen mit …
… Training für das Hirn
Nachdem Luzi angefangen hatte, nun auch nachts zu schreien, konnte ich die Frage nach der Demenz nicht länger verdrängen. Es musste irgendeine Form der Hilfe her.
Nun ist mir natürlich klar, dass Demenz bei Katzen genauso wenig heilbar ist wie bei Menschen. Dennoch kann man was tun. Und wenn es nur ist, das Hirn wieder etwas mehr zu fordern.
Allerdings nutze ich hierfür nicht länger das Fummelbrett. Es ist einfach zu frustrierend, nicht nur für mich. Luzi soll ja Spaß und Freude haben und nicht Frust erleben. Deshalb machen wir nun einfachere Spiele.
Die haben dann hauptsächlich was mit Schnüffeln zu tun. Schon vor geraumer Zeit hatte ich mal so ein einfaches Schnüffelspiel mit Hütchen gekauft. Das schien sie früher eher zu langweilen. Mittlerweile aber wirkt es in seiner Einfachheit recht angemessen. Luzi führt es jedenfalls schnell zum Erfolg.
Auch ihr selbstgemachter Schnüffelteppich kommt nun viel öfter zum Einsatz als früher. Und auch der führt zu schnellen Erfolgen für die Luz.
Zu unseren Erfahrungen mit Demenz der Katze gehört also, ihr Hirn zu fordern, es aber nicht zu überfordern.
… Pheromone
Schnell kam ich auch auf die Idee, mal wieder Pheromone einzusetzen.
So einen Zerstäuber für die Steckdose hatte ich ganz zu Beginn nach Luzis Revierwechsel im Einsatz. Mangels Beobachtung, was gewesen wäre, hätte ich das Ding nicht genutzt, kann ich natürlich nicht wirklich sagen, ob es damals geholfen hatte. Aber den Versuch war es mir jetzt wert.
Eine Freundin, deren wundervolle Katze Emma schließlich auch an Demenz erkrankt war, konnte keinerlei Besserung durch Pheromone erkennen. Ich aber habe schon den Eindruck, dass sie etwas bewirken.
Zumindest hat die Intensität und Häufigkeit nachgelassen, mit der Luzi nachts ihre Stimmübungen gemacht hatte. Soll heißen: Luzi hat mich in der Folge nicht mehr mehrfach in der Nacht geweckt, sondern nur noch gegen Sonnenaufgang. Und auch die Lautstärke war nur noch dergestalt, dass ich nicht wie eine Feuerwehrfrau direkt neben dem Bett stand.
… Sedarom direkt (L-Tryptophan)
Der Durchbruch ist allerdings mit Sedarom direkt gekommen. Wobei das nur Zufall war.
Tatsächlich war ich auf der Suche nach einem Präparat gewesen, das ich als Alternative zu Gabapentin nutzen könnte. Der Plan war, etwas zu finden, das anders als Gabapentin rezeptfrei zu bekommen ist. Das Luzi aber vergleichbar mit Gabapentin kooperativ stimmt. Zum Beispiel für das Krallenschneiden.
Bei meinen Recherchen stieß ich auf L-Theanin. Das ist ein zentraler Bestandteil von Grüntee, dem eine vergleichbare Wirkung wie Gabapentin zugesprochen wird. Ja, und dann las ich, dass dieser Grüntee-Extrakt in der Humanmedizin bei Demenzerkrankung eingesetzt wird!
Wow, dachte ich, und begab mich auf die Suche nach einem entsprechenden Präparat, das für Katzen geeignet ist. Aber dann kam es doch anders.
Tatsächlich ist L-Theanin ein zentraler Bestandteil von Anxitane S. Das gibt es für Katzen und kleine Hunde und beinhaltet zu 14 Prozent eben diesen Grünteeextrakt.
Das aber wollte ich Luzi nicht ohne fachlichen Rat selbst verordnen und bat deshalb Romy, beim nächsten Tierarzt-Besuch mal danach zu fragen. Das Gespräch brachte hervor, dass die Praxis Sedarom direkt empfiehlt und es gerade auch bei Katzen mit Demenz für sinnvoll hält.
Sedarom direkt beinhaltet aber gar kein L-Theanin (auch wenn manche Online-Shops dies behaupten). Der zentrale Wirkstoff hier heißt L-Tryptophan, was eine Vorstufe des Neurotransmitters Serotonin und der hauptsächliche Zusatzstoff (neben diversen Vitaminen et cetera) in Sedarom direkt ist.
L-Tryptophan kommt auch in der Humanmedizin zum Einsatz. Dieser essentiellen Aminosäure wird eine ganze Reihe von positiven Eigenschaften zugesprochen. Und dazu gehören:
- Stimmungsaufhellung
- Angstreduktion
- Regulierung von Schmerzempfinden
- Regulierung von Appetit
Alles Aspekte, die wir hier gut gebrauchen können.
Erfahrung mit L-Tryptophan bei Demenz der Katze
Seit ungefähr einem Monat bekommt Luzi nun also eine Tablette Sedarom direkt am Tag. Nicht mehr, aber möglichst auch nicht weniger. Und siehe da: Wir schlafen beide wieder durch.
Luzi maunzt und schreit seither aber auch kaum noch tagsüber. Beizeiten, da erhebt sie schon noch ihre Stimme. Das ist ja auch okay so. Ich antworte ihr auch immer wieder gerne. Und trete in ihr Blickfeld, nehme Blickkontakt mit ihr auf. Das hilft im Allgemeinen gut, wirkt beruhigend auf sie.
Aber die ruhigen Nächte sind einfach großartig.
Inwieweit die Tablette Einfluss auf ihr Schmerzerleben hat, kann ich nicht sagen. Ich denke aber, dass der Effekt – wenn überhaupt – eher gering ist.
Und ob die Tablette dafür verantwortlich ist, dass Luz hauptsächlich abends und nachts Hunger und Appetit zeigt, ist schwierig zu beurteilen. Sie mäkelt nämlich schon den ganzen Sommer, mal mehr und mal weniger.
Schließlich könnte ich noch behaupten, dass die Tablette einen sehr positiven Einfluss auf ihre Angst vor Menschen hat. Wenngleich Luzi sich schon zuvor weit weniger als früher ängstlich bei Besuch gezeigt hat. Aber die Selbstverständlichkeit, mit der sie zuletzt Freunden begegnet ist, hat uns doch alle sehr beeindruckt.
Vorläufiges Fazit
Ich habe einen Eindruck davon bekommen, was Demenz bei der Katze bedeuten kann. Und kann nun jede/n verstehen, die/der kurz vor der Verzweiflung steht.
Auch habe ich einen Eindruck davon bekommen, wie schlimm es für die Katze sein muss, mit dieser Erkrankung leben zu müssen.
Mir ist klar, dass wir wirklich erst am Anfang stehen und dass da noch so manches auf uns zukommen wird. Aber im Moment habe ich den Eindruck, dass ein Pillchen Serotonin-Vorstufe und ein Pheromon-Verdampfer sehr hilfreich sind.
In der Zwischenzeit habe ich auch mit unserer neuen Tierärztin über Sedarom direkt gesprochen. Sie sah kein Problem und auch keine Wechselwirkung mit Gabapentin.
Übrigens: Auch hierfür gibt es keinen Werbevertrag. Weder für den einen, noch für den anderen Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln, die auf die ein oder andere Weise glücklich und angstbefreit machen sollen.