Um die Antwort gleich mal vorwegzunehmen: Jede Katze hat Jagdtrieb, selbst eine gemütliche Wohnungskatze wie die Luzi. Nur kann sie als Wohnungskatze ihrem Bedürfnis nach Beute nicht allzu oft nachkommen. Für ihren Menschen ist das recht angenehm. Keine halbtoten Kleintiere, die Freigänger gerne mal mit nach Hause bringen. Kein Vorwurf, dass die Katze schuld am Vogelsterben sei. Aber die Lust auf Jagd ist trotzdem immer vorhanden.
Andere Wohnungskatze geht ihrem Jagdtrieb mit Spielen nach
Eine andere als die Luzi geht ihrem Bedürfnis nach Jagd mit Spielen nach. Doch ist Luzi halt die Luzi. Und die steht nicht so auf Spielen.
Natürlich habe ich schon alles ausprobiert. Und ja, es gibt Phasen, da mag sie ihren Federn hinterherlaufen. Oder sie unter ihrer Kratzwelle erlegen. Ich hatte ja auch schon eine Katzenangel extra für sie gebastelt. Für ein paar Tage ist die Begeisterung groß. Doch dann lässt sie genauso schnell wieder nach, wie sie gekommen war.
Selbst das Spiel mit dem Laserpointer, diesem teuflischen Spielzeug, kann die Luz nur kurzfristig zur Ekstase bringen. Dann hat sie den Spaß durchschaut – und legt sich wieder gemütlich auf ihren Lieblingsplatz.
Einzig die Jagd nach Essbarem kann Luzi wirklich begeistern. Wenn Leckerli durch die Wohnung fliegen, kennt die Luz kein Halten mehr. Dann endlich mag meine gemütliche Wohnungskatze ihren Jagdtrieb so richtig ausleben. Und das Schöne daran ist: Das Ganze wirkt auch noch wie eine Therapie gegen die Angst.
Also jagen wir jeden Abend wieder kurz vorm Spülen Leckerli. Luz kennt das mittlerweile schon und fordert es auch ein. Spätestens kurz vor der Tagesschau müssen die Leckerli fliegen. Sonst war es kein guter Tag.
Ein Vogelhaus für die Vogelnachbarschaft
Leckerli jagen heißt aber nicht so richtig Beute machen. Immerhin sind die Leckerli schon tot. Wenn ihre Bestandteile überhaupt jemals so richtig gelebt haben.
Um für die Luzi zumindest visuelle Anreize zu setzen, mal was Echtes zu jagen, habe ich schon vor Jahren ein kleines Vogelhaus auf unserem Balkon installiert. Auf meinem Teil des Balkons, wohlbemerkt. Nicht auf Luzis Balkon. Immerhin reden wir hier nur von visuellen Reizen. Luzi soll nicht wirklich Vögel erlegen.
Bislang war das Häuschen in der Vogelnachbarschaft aber nicht besonders beliebt. Einzig eine Blaumeise kam ab und an vorbei. Allen anderen war das kulinarische Angebot wohl zu schlecht. Oder die Platzierung des Vogelhauses war nicht gut genug.
Ich tippe aber auf den kulinarischen Anspruch. Denn nun, da ich dort Erdnüsse kredenze (naturbelassen und ungesalzen, versteht sich), geht die Vogelpost ab.
Und die Luz hat was zu gucken.
Wohnungskatze lebt Jagdtrieb durch Beobachtung aus
Zum Jagen gehört für eine Lauerjägerin wie die Luzi natürlich auch das Beobachten. Und das kann die reife Dame mit Arthrose ganz gemütlich von ihrem Lieblingsplatz aus tun.
Im Zweifel bekommt sie dabei auch mehr mit als ich. Ich nämlich nehme von allem hauptsächlich wahr, dass die Erdnüsse weggehen. Fast jeden Tag muss ich nachlegen. Von denjenigen, die sich da bedienen, habe ich bislang aber noch nicht viel gesehen. Einmal eine Blaumeise. Und einmal einen dunklen Schatten, der wegflog. Das war es auch schon.
Aber auf die feinen Sinne der Luzi ist Verlass. Kürzlich saß ich neben ihr auf dem Bett, da zeigte sie mir in Katzenmanier, dass draußen was abging. Dieses abrupte Umschalten von »Ich werde wohl gleich ein Schläfchen halten«-Haltung zum gespannten Flitzebogen – das können wohl nur Katzen.
Früher wäre sie dann wohl auch losgesprintet. Zumindest hatte sie das schon mal getan. Heutzutage bleibt es beim gespannten Beobachten.
Bis sie sich entscheidet, vielleicht doch besser ein Nickerchen zu halten.