Die Frage, ob das Leben für eine Einzelkatze in reiner Wohnungshaltung artgerecht sein kann, stelle ich mir nun schon seit Jahren. Und tatsächlich beantworte ich sie mir immer wieder ziemlich deutlich mit einem Nein. Dennoch habe ich sechs Jahre mit Luzi so zusammengelebt. Und nun ist es seit bald einem Jahr der süße Eddie, der als Sorgenfellchen mit mir als einziger Sozialpartnerin lebt.
Bei Luzi war ich mir immer sicher, dass sie Artgenossen absolut blöd fand und froh war, bei mir ihre Ruhe zu haben. Aber bei Eddie schätze ich das keineswegs so klar ein. Meinem kleinen Pflegekater wünsche ich also ein Zuhause, das seine Bedürfnisse versteht und ihnen auch gerecht wird.
Einzelkatzen in reiner Wohnungshaltung – was sagt das Gesetz?
Nun habe ich direkt zu Beginn einen rausgehauen. Reine Wohnungshaltung für eine Einzelkatze sei nicht artgerecht? Wer bin ich, das einfach mal so zu behaupten! Und wo bitte schön sind denn die Alternativen?
Ich bin keine Rechtsexpertin, Rechtsanwältin schon erst recht nicht. Tierärztin oder irgendwas in der Art bin ich im Übrigen auch nicht. Deshalb ist eine Aussage von mir in Sachen nicht-artgerechter Wohnungshaltung einer Einzelkatze nur eine Meinung.
Meinungen können wir alle haben und darüber auch streiten. Damit wir uns dabei nicht zu sehr in die Haare geraten, gibt es Gesetze. Also fragen wir doch mal, was das Tierschutzgesetz zu allem sagt.
Nur sagt es dazu leider nichts. Tatsächlich gibt es keinen Gesetzestext, der die Einzelhaltung in der Wohnung verböte.
Auch gibt es keinen Gesetzestext, in dem es um die nötige Wohnungsgröße ginge. Was es allerdings hierzu gibt, sind Empfehlungen. Wenngleich die recht unterschiedlich ausfallen.
So benennt zum Beispiel die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. in ihrem Merkblatt Nr. 189 als »Faustregel: Anzahl der gehaltenen Katzen = Mindestanzahl der für die Katzen ständig frei zugänglichen, nutzbaren Wohnräume«. Und als Mindestgrundfläche wären es für ein bis zwei Katzen 20 Quadratmeter Wohnraum mit Fenstern, heißt es dort. An anderer Stelle, nämlich beim Bußgeldkatalog, ist die Rede von etwa 50 Quadratmetern für eine und mindestens 60 Quadratmetern für zwei Katzen.
Was auf den ersten Blick arg unterschiedlich zu sein scheint, ist vielleicht doch gar nicht so weit voneinander entfernt. Die Tierärzte wollen sicherlich nicht sagen, dass ein Mensch, der auf insgesamt 20 Quadratmetern lebt, noch zwei Tiere aufnehmen sollte. Eher meinen sie doch wohl, dass ein Mensch von seinen 100 Quadratmetern mindestens 20 den beiden Katzen zur Mitnutzung zur Verfügung stellen muss.
Einzelkatze in Wohnungshaltung – ohne Freigang
Orientieren wir uns also besser an den 2ZKDBB mit rund 50 Quadratmetern für eine Einzelkatze und mindestens 60 Quadratmetern für zwei Katzen. Ersteres kenne ich zur Genüge, bewohne ich es nämlich seit vielen Jahren.
Wenn ich von der Einzelkatze in Wohnungshaltung spreche, meine ich genau das. Also eine Wohnung, kein ganzes Haus, mit bestenfalls einem Balkon. Freigang aber gibt es nicht. Und das ist bitter, denn nur der Freigang ist es ja, der Katzen ermöglicht, ihr Naturell auszuleben. Also ihr Revier abzustecken und zu sichern. Beute aufzulauern und bestenfalls auch zu machen. Artgenossen zu treffen. Neues zu entdecken.
In einer Wohnung jedoch gibt es einfach nicht viel, wohin man als Katze laufen kann, um Neues zu entdecken. Da ist es auch erstmal egal, ob wir von einer Zwei- oder einer Vierzimmerwohnung sprechen, 50 oder 100 Quadratmetern. So oder so ist der Raum, der zur Verfügung steht, begrenzt. Arg begrenzt, wenn man ein junger, bewegungsfreudiger Kater ist.
So manche junge, bewegungsfreudige Katze wird sich nicht an diese Art der Wohnungshaltung gewöhnen können. Wer Freigang unbedingt haben will, muss auch Freigang bekommen. Sonst ist der Ärger vorprogrammiert. Fängt das Tier aus Frust erstmal an, unsauber zu werden oder die Wohnung neu zu dekorieren, wissen sich ihre Menschen dann nicht mehr zu helfen.
Wo sind die Alternativen zur reinen Wohnungshaltung?
Nun war Luzi weder jung, als sie zu mir zog, noch besonders bewegungsfreudig. Und der Eddie, der ist zwar noch jung und toben mag er auch, aber der darf wegen seiner FIV-Infektion einfach nicht mehr raus. Zum Glück kommt er relativ gut damit zurecht, auf Luzis altes Revier beschränkt zu sein. Dennoch vermittelt er mir immer wieder den Eindruck, beizeiten arg gelangweilt zu sein und doch irgendwie mehr zu wollen, als ich ihm bieten kann. Dazu später noch mehr.
Der Punkt ist, dass es letztlich die Katze ist, die bestimmt, wo es langgeht. Da kann man sich als Mensch noch so sehr wünschen, dass das mit der Einzelhaltung funktioniert. Wenn die Katze mit der Lebenssituation unglücklich ist, bedeutet das auch Unglück für ihre Menschen.
Doch wo sind die Alternativen? Zuerst einmal ist es der Freigang. Doch der ist, gerade in einer Stadt wie Köln, das große Problem.
Die Mehrheit aller Bewohner/innen dieser Stadt lebt in Wohnungen, an die nicht direkt ein üppiger Garten oder eine Dachterrasse angeschlossen ist. Im Umkreis von 500 Metern wird so ziemlich jeder eine mehr oder weniger starkbefahrene Straße haben. Und so sehr Mensch sich auch wünschen mag, dass die Katze diese Straße nicht überquert – sie wird es auf jeden Fall immer wieder tun.
Die Anzahl derjenigen Haushalte, die also tatsächlich geeignet wären für die Einzelkatze mit Freigang, dürfte viel zu gering sein für den immensen Bedarf.
Bleibt Alternative Nummer zwei: das Partnertier.
Ein Partnertier ist vielleicht nicht die Lösung für alle Probleme. Es macht das kleine Wohnungsrevier auch nicht größer. Aber ein Partnertier bedeutet zumindest Kommunikation auf Augenhöhe. Und es bringt ein wenig Abwechslung in den drögen Alltag.
»Deine Katze interessiert sich nicht für deine Plattensammlung«
So oder ähnlich hat es mal eine Bekannte gesagt. Und sie hat absolut recht damit. Denn im Gegensatz zu uns, die wir uns die Langeweile mit Musikhören, Lesen oder Seriengucken vertreiben können, bringt Katzen all das gar nichts.

Die Familie meiner Bekannten hatte immer Katzen, die als Einzeltiere bei ihnen gelebt haben. Ob ihre Tiere jeweils Freigang hatten, kann ich nicht sagen. Ich nehme es aber an, denn die Bekannte äußerte kürzlich Bedenken, mit einer Zuckerschnute zu knutschen, weil die kurz zuvor eine Ratte gefressen haben könnte.
Auf so eine Idee kommt man aber auch nur, wenn man schon mal erlebt hat, wie sich die Zuckerschnute was zu spielen mit nach Hause gebracht hat.
Bemerke den Vorteil reiner Wohnungshaltung: Diese Zuckerschnute hat definitiv vor dem Knutschen keine Ratte erlegt. Auch keine Maus oder sonst ein Tier.
Maximal hat sie sich vielleicht kurz vor dem Knutschen am Po geleckt…
Aber eigentlich geht es mir hier ja um die Plattensammlung oder das Regal voller Bücher, womit die Katze nichts anfangen kann. Hinter diesem Gedanken steht letztlich die Erkenntnis, dass eine Einzelkatze in reiner Wohnungshaltung umkommt vor Langeweile, wenn sie ständig alleine sein muss. Wenn es keinen Sozialpartner gibt, mit dem sie sich auseinandersetzen kann. Wenn ihr Lebensinhalt einzig ist, darauf zu warten, dass hoffentlich bald einer ihrer Menschen nach Hause kommt.
Und genau darauf hat die Bekannte mit ihrer Plattensammlung abgezielt. Bist du nämlich die einzige Sozialpartnerin deiner Katze, lebst du mit einem ständig schlechten Gewissen. Wo auch immer du dich gerade befindest – auf der Arbeit oder mit Freunden im Kino -, deine Katze hockt alleine zu Hause und langweilt sich im Zweifel zu Tode.
Das ist nicht schön. Nicht für dich, aber erst recht nicht für deine Katze.
Einzelkatze in Wohnungshaltung – Leben wie auf einer einsamen Insel
Nun las ich auf der Website der Tierhilfe Kassel e.V. einen Text über die Einzelkatzen ohne Freigang. Vor allem in einem Punkt haben mich die Kasslerinnen besonders berührt. Es ist das Bild der einsamen Insel, das sie zeichnen. Sie fragen:
Wie wäre das umgekehrt für uns, auf einer einsamen Insel zu landen und nie wieder mit anderen Menschen zu tun zu haben?
Die Antwort ist ganz klar: Es wäre einfach gruselig! Selbst für eine, die große Menschenansammlungen eher meidet und mit Alleinsein nicht zwangsläufig Einsamkeit verbindet. Aber ganz ohne Kontakte zu Freundinnen, Nachbarn oder Kolleginnen???
Für eine Einzelkatze in reiner Wohnungshaltung ist es aber genau das. Sie fristet ein Robinson Crusoe-mäßiges Dasein. Denn auch wenn es ihre Menschen gibt, so fehlt doch der Kontakt zu Artgenossen. Und den brauchen soziale Wesen, Katzen ebenso wie Menschen.
Das bedeutet, dass man als Mensch eine ganz besonders große Verantwortung übernimmt, wenn man ein Einzeltier adoptiert und ihm keinen Freigang gewähren kann.
Anforderungen an menschliche Sozialpartner für Einzelkatze in Wohnungshaltung
Die Interessent/innen für Eddie, mit denen ich bislang zu tun hatte, hatten alle eines gemeinsam: Sie waren hauptsächlich auswärts berufstätig. Dagegen gibt es an sich ja nichts zu sagen. Die meisten Menschen gehen zur Arbeit, statt sie zu Hause auszuüben. Aber dann sollte man nicht auf die Idee kommen, eine Einzelkatze adoptieren zu wollen, die ob ihrer FIV-Infektion in Wohnungshaltung ohne Freigang leben muss.
Da hilft auch kein Schachern, ob soundso viele Stunden alleine am Tag oder soundso viele ganze Tage alleine in der Woche noch okay seien.
Ich versuche dann zu verdeutlichen, dass diese Interessenten sich selbst einen riesigen Gefallen tun, wenn sie zwei Katzen aufnehmen. Denn wie oft passiert es, dass man doch noch länger auf der Arbeit bleiben muss. Der Zug mal wieder nicht kommt. Man im Stau steht. Oder man abends noch mit einem Kollegen was trinken gehen möchte.
Zu Hause sitzt immer der vereinsamte Kater, dem die Decke auf den Kopf fällt. Und der anfängt, Verhaltensauffälligkeiten zu zeigen.
Ich werde dann meist so angeschaut, als würde ich zu viel erwarten. Oder als hätte ich gerade gesagt, die Interessenten sollten ihr Leben komplett umkrempeln. Es kann sich doch nicht alles fortan um diesen einen Kater drehen!, sagt ihr Blick.
Nein, kann es nicht und wird es auch nicht. Aber es geht darum, für die eigene Lebenssituation das oder die passende/n Tier/e zu finden. Und wenn die Lebenssituation für eine Einzelkatze nicht geeignet ist, dann kann der Schluss doch nicht sein, dass sich das Tier gefälligst anpassen soll.
Der Punkt ist also:
Eine Einzelkatze in reiner Wohnungshaltung braucht immer einen Ansprechpartner, der sich seiner Verantwortung als einziger Sozialkontakt bewusst ist.
Kater Eddie braucht seinen Menschen – und vielleicht einen Katerkumpel

Nun habe ich schon mehrfach angedeutet, dass der Eddie mit dem Leben als Einzelkatze in reiner Wohnungshaltung auch nur so bedingt gut klarkommt.
Wobei ich finde, dass sich der ehemalige Straßenkater eigentlich ganz schön gut schlägt. Im Gegensatz zu Ferdi und Finni jedenfalls vermittelt er mir nicht das Gefühl, dass er ausbrechen wolle.
Nein, bei Eddie geht es mehr darum, dass er sich offensichtlich langweilt. Und das, obwohl ich fast immer zu Hause bin.
Aber auch wenn ich fast immer zu Hause bin und versuche, mir immer wieder was Neues für ihn einfallen zu lassen, muss ich ja auch arbeiten. Und da musste ich mich zum Beispiel daran gewöhnen, dass er sich immer wieder auf mein Notebook setzt. Um mir zu sagen, dass ich mich eher um ihn als um das doofe Notebook kümmern soll. (Damit er dann wenigstens nicht meine Arbeit löscht, liegt seither immer ein Holzbrett auf dem Notebook und ich nutze eine externe Tastatur.)
Wie sehr er sich langweilt, zeigt der Eddie mir aber auch damit, dass er Tapeten abkratzt und beizeiten mit Absicht an die Wand hinter seinem Klo pinkelt. Nicht dass es hier nicht genug Kratzmöglichkeiten gäbe. Oder das Klo zu klein für ihn wäre.

Weil ich keine Lust habe, mich mit ihm zu streiten, und weil ich das Umdekorieren nicht dem Kater überlassen wollte, habe ich es selbst getan. Mein Tapetenschutz funktioniert tatsächlich ziemlich gut: Eddie mag ihn nicht und lässt die Pfoten davon. Dass ich die Dekoration auch eher so naja finde, ist dabei nicht so wichtig.
In Sachen Toilette kann ich auf jeden Fall Windelunterlagen unterm Katzenklo empfehlen. Wenn Eddie mal wieder meint, im Stehen pinkeln zu müssen, ist die Sauerei so schnell beseitigt.
Kater Eddie sucht noch immer ein Zuhause
Nun ist der Eddie schon ein Jahr bei mir. Anfänglich hatte das vor allem mit seiner schlimmen Ohrenentzündung zu tun, dann mit seinem Sodbrennen. Der Magen ist noch immer eine Baustelle und wird es wohl auch bleiben. Zumindest aber ist sichergestellt, dass dahinter kein größeres medizinisches Problem steht. Der sensible Kater hat halt einen sensiblen Magen.
Nach dem gemeinsamen Jahr wünsche ich dem Eddie nun nicht nur ein Zuhause, wo seine Menschen Verständnis für seine Sensibilität haben. Ich wünsche ihm auch, dass sie mit ihm viel Zeit verbringen. Und das Sahnehäubchen wäre, wenn es einen passenden zweiten FIV-Kater gäbe – oder die Bereitschaft, einen passenden zweiten FIV-Kater für Eddie zu adoptieren.
Aus Eddies Vergangenheit weiß ich mittlerweile, dass er zwar die meisten seiner Pflegekollegen nicht so toll fand. Und dass er das ihnen auch klar so gezeigt hat. Den Kopf habe er dann immer schiefgelegt, dabei böse geguckt und getänzelt, bis alle anderen Katzen verstanden hatten, dass er sie nicht mochte. Nur ein junger Kater hatte das komplett ignoriert. Was wiederum Eddie gut gefunden haben soll, sodass die beiden viel Spaß miteinander hatten.
So einen jungen Kater bräuchte es für den Eddie. Nur eben einen mit FIV. Und das ist das Problem. Denn den können wir uns leider nicht aus den Rippen schneiden.
Aber wenn es so einen jungen frechen Katerkumpel gäbe, von dem könnte der Eddie vielleicht noch profitieren. Vielleicht würde der Kumpel dafür sorgen, dass der Eddie fremden Menschen gegenüber nicht mehr ganz so schüchtern wäre? Wer kann das schon sagen. Den Versuch wäre es aber wert.
Interessent/innen für den süßesten Eddie der Welt wenden sich an den Katzenschutzbund Köln.



Katzen sollten in der Regel mindestens zu Zweit gehalten werden, weil das wesentlich mehr Lebensqualität bedeutet.
Es gibt allerdings auch Ausnahmen wie Katzen, die schon mal gemobbt wurden und sich daher ängstlich gegenüber Artgenossen zeigen, oder Katzen, die sich generell nicht mit anderen Katzen verstehen, weil sie z.B. jahrelang als Einzelkatze gelebt haben oder schlecht sozialisiert wurden.
Was Eddie angeht drücke ich fest die Daumen, daß Du bald ein schönes Zuhause mit dem passenden Katerkumpel findest. Oder könnte er denn nicht doch bei Dir bleiben?
Hallo Ingo,
leider kann der süße Eddie nicht bei mir bleiben. Dazu bräuchte ich hier von so manchem so viel mehr – Platz, Geld, solche Sachen.
Auch ist es ja nicht Sinn der Pflegestelle, die Pflegis zu behalten. Es gibt noch so viele andere Katzen, denen ich helfen könnte. Das geht aber immer nur eine nach der anderen. Also braucht es erstmal das schöne, passende Zuhause für den Eddie, bevor die nächste Fellnase bei mir einziehen kann.
Danke fürs Daumendrücken!
LG, bk